Christkönig im 21. Jahrhundert – really? 

Wir leben im Jahr 2020, in der Zeit von Corona, Elon Musk und Netflix. Und die katholische Kirche feiert Christkönig – was soll das denn bitte? Geht noch mehr Mittelalter? 

Ich persönlich bin ein großer Fan von Christkönig und möchte Euch dieses Fest heute etwas näherbringen, warum es ein cooles Fest ist und was es damit auf sich hat. Es gibt nur ein Problem: Wir kennen zwar Könige aus Geschichten, aber wirklich viel anfangen können wir mit einem König doch eher nicht. Ja gut, es gibt die Queen – aber Jesus als männliche Queen und halt etwas jünger, ergibt immer noch keinen Sinn… Die Queen hat noch eine gewisse repräsentative Bedeutung – aber viel mehr auch nicht. Um Christkönig richtig zu verstehen, müssen wir einen Blick darauf werfen, was ein König im biblischen Sinne ist. 

Werfen wir also einen ganz kurzen Blick in den alten Orient. Dort dient der König als Mittler zwischen Gott und den Menschen. Er repräsentiert gewissermaßen Gott und tritt auch vor Ihm für das Volk ein. In nicht wenigen Völkern wurde der König sogar selbst als Gott verehrt, man denke nur an den Pharao in Ägypten (das war natürlich überhöht und verkehrt). Der König hatte die Aufgabe, sein Volk zu schützen und für dessen Wohlergehen zu sorgen. 
Nun zum Volk Israel: Dieses hat sich als das auserwählte Volk verstanden – es ist das Volk Gottes. Somit waren die Feinde Israels, also feindliche Völker wie z.B. die Philister, auch die Feinde Gottes und diese hatte der König zu bekämpfen, wie es z.B. David getan hat. 

Dieses Bild lässt sich sehr gut auf Christus übertragen: Auch Er ist Mittler zwischen Gott und den Menschen und hat die Aufgabe, das „neue Israel“, die Kirche, die nicht nur aus Juden sondern aus Menschen aller Völker besteht, gegen seinen größten Feind zu schützen. Dieser Erzfeind der Kirche, bzw. der ganzen Menschheit, ist aber kein anderes Volk, sondern Satan und Sünde. Deshalb geht Jesus auch gleich nach seiner Taufe in die Wüste, um dort zu fasten und den Kampf mit dem Satan aufzunehmen. Diesen besiegt er durch Sein stellvertretendes Leiden für die Sünden aller Menschen am Kreuz. Was die Sünde der Menschen verletzt hat, ihre Beziehung zu Gott, wird durch Jesu Tod und Auferstehung geheilt. Der Friede zwischen Gott und Menschen wurde wiederhergestellt – er muss nur noch von den Menschen angenommen werden. Deshalb sind auch die ersten Worte, die Jesus nach seiner Auferstehung zu seinen Jüngern sagt: „Der Friede sei mit euch.“ (Joh 20,19) Damit dieser Friede der Versöhnung mit Gott auch zu möglichst vielen Menschen kommt, hat er die Apostel beauftragt, diesen Frieden weiterzutragen und in Seinem Namen die Menschen mit Gott zu versöhnen (Joh 20, 22-23). Das tun die Priester übrigens noch heute in der Beichte… 

Man könnte jetzt einwerfen: Das ist ja alles ganz nett, aber dieses Fest ist doch schon sehr veraltet – könnte man ihm nicht einen moderneren Namen geben? 
Vielleicht wird es überraschen, aber dieses Fest wurde erst 1925 eingeführt und zwar aus einem denkwürdigen Anlass. Diese Zeit war geprägt von Katastrophen: Der erste Weltkrieg war gerade erst vorbei, die politische Stimmung war sehr angespannt und im Osten breitete sich der Kommunismus, mit die schlimmste Ideologie des 20. Jahrhunderts (deren Ideen übrigens auch bei uns im Westen gerade Mainstream sind) aus. Den Grund für diese Katastrophen sah Papst Pius XI. darin, dass viele Menschen Christus in ihrem Leben keinen Platz mehr einräumen. Sowohl die Großen in der Politik als auch die einzelnen Menschen in ihrem Privatleben stellen ihre persönlichen Wünsche über die Weisung Jesu. Um die Menschen daran zu erinnern, dass Jesus wirklich der Herr ist und wir nichts seinen Geboten vorziehen dürfen, wurde dieses Fest eingeführt. Ein echt aktueller Gedanke würde ich sagen! 

Ich persönlich fand das Fest schon cool, bevor ich etwas mit dem Königtum der Juden anfangen konnte, denn ich kannte „der Herr der Ringe“ von Tolkien (der übrigens ein frommer Katholik war; wer sein Werk nicht kennt, unbedingt lesen oder wenigstens die Filme anschauen – genial). Dort wird in Aragorn, dem Anführer aller guten Mächte im Kampf gegen das Böse, ein Königsbild gezeichnet, das wirklich sehr unserem biblischen Bild entspricht. Meine persönliche Beziehung zu Jesus lässt sich zum Teil so beschreiben, dass Er der König aller guten Mächte im Kampf gegen das Böse ist – so wie Aragorn halt. Und ich bin ein Soldat in seinem Heer, ich habe ihm den Treueeid (auf Latein heißt das sacramentum) geschworen und diene ihm. An Seiner Seite kämpfe ich für das Reich Gottes, das ein Reich der Liebe ist. 

Da gibt es nur ein kleines Problem: Aragorn wird (Vorsicht Spoileralarm) am Ende des dritten Teils zum König gekrönt. Jesus wird am Ende gekreuzigt – auf dem Kopf trägt er eine Dornenkrone. Wir sehen daran, dass das Königtum Jesu fundamental verschieden ist von unseren weltlichen Vorstellungen. Es ist nicht gekennzeichnet durch Macht und Reichtum, nicht durch Prunk und Herrlichkeit. Das wird deutlich aus der Frage des Pilatus an Jesus, ob er ein König sei. Die Antwort Jesu – Du sagst es, ich bin ein König… doch mein Reich ist nicht von dieser Welt – bestätigt dies. Sein Thron ist das Kreuz, eine Dornenkrone Sein Diadem. Radikal anders. 

Dieser Jesus lebt noch heute, nicht nur in unseren Gedanken, sondern Er ist real präsent unter uns, v.a. in der heiligen Eucharistie und den Sakramenten. Aber nicht nur dort: Wie uns das Tagesevangelium heute erinnert, ist Er gegenwärtig in jedem armen und bedürftigen Menschen: „Was ihr einem meiner geringsten Diener getan habt, das habt ihr mir getan“ (Mt 25,40). Was das konkret bedeutet, hat uns der heilige Martin, damals noch römischer Soldat, gezeigt, den wir vor Kurzem gefeiert haben: Er hat seinen Mantel geteilt, damit der Bettler nicht frieren muss. Wer seinem Nächsten dient, dient Christus, dem König. 

Vielleicht bin ich einfach komisch, aber ich finde das Fest genial! Schade, dass es dieses Jahr nicht „normal“ gefeiert werden kann. Vielleicht liegt aber auch gerade darin eine besondere Chance: Bisher haben wir immer nur „Christkönig“ gefeiert. Vielleicht wird Christus ja dieses Jahr wirklich unser persönlicher König? Die Einladung steht – es liegt an uns. 

(Autor: Willy Mauser, Kandidat für das Stift Heiligenkreuz,
Theologiestudent der Philosophisch-Theologischen Hochschule Benedikt XVI.) 

(Bild: Markus Spiske, Unsplash)

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