Weihnachten in der Krise – eine Botschaft der Hoffnung

Weihnachten in der Krise – eine Botschaft der Hoffnung

Weihnachten steht unmittelbar vor der Tür, der Lockdown wird härter, von „Weihnachtsstimmung“ kann jedoch kaum die Rede sein. Können wir dieses Jahr überhaupt von etwas wie Weihnachten sprechen, angesichts der außergewöhnlichen und dramatischen Situation?

Auf jeden Fall – und dieses Weihnachten birgt eine riesige Chance!

Vielleicht kennst Du auch diese unglaubliche Geschichte vom Weihnachtsfrieden 1914: Vor über 100 Jahren im ersten Weltkrieg geschah zwischen den Schützengräben der Westfront etwas Unerhörtes und Wunderschönes zugleich: Zu Weihnachten kam spontan zwischen Deutschen und Briten ein Waffenstillstand zustande. Verfeindete Soldaten kamen aufeinander zu, umarmten sich, sangen Weihnachtslieder, beschenkten einander, tranken zusammen britischen Rum und deutschen Schnaps und feierten ein unvergessliches Weihnachtsfest – unter eigentlich unmöglichen Umständen. Damals haben sie nicht den Kopf hängen lassen, haben nicht resigniert: Sie haben das Unmögliche fertiggebracht und in dieser Situation Weihnachten gefeiert. Zwar könnte auch bei uns einiges schöner sein, aber es ist trotzdem sicher nicht annährend so tragisch wie damals in den Schützengräben: Wenn die Soldaten damals unter diesen Umständen Weihnachten feiern konnten – warum sollten wir es dann jetzt nicht können?
Ob wir dieses Jahr ein schönes Weihnachtsfest haben, hängt nicht in erster Linie von den Umständen ab, sondern davon, was wir daraus machen.

Nicht nur die Soldaten an der Westfront im ersten Weltkrieg hatten Weihnachten schwierige Umstände, sondern auch die Heilige Familie – Maria, Josef und das noch ungeborene Jesuskind. Denken wir an den Kontext der Zeit, die drückende Vorherrschaft der Römer: Das römische Reich war ein totalitärer Staat, in dem gerade Menschen ohne römisches Staatsbürgerrecht nicht viel galten; das Individuum zählte vor dem Staat nichts. Wie beschwerlich war doch damals das Leben vieler Menschen aufgrund von Armut, ohne Strom, nicht einmal Supermärkte oder WCs gab es. Denken wir an die hochschwangere Maria, die mit Josef den Weg von Nazareth bis Betlehem bewältigen musste. Denken wir an die vergebliche Herbergsuche, die damit endete, dass Maria in einer Höhle, die als Stall verwendet wurde – in unserer Vorstellung fast vergleichbar mit „unter der Brücke“ – in der eisigen Kälte einer Wüstennacht, das Jesuskind auf die Welt gebracht hatte. Denkst Du, dass da irgendetwas auch nur ein bisschen romantisch gewesen ist?

Bitte versteh mich nicht falsch: Ich bin ganz für beschauliche Weihnachten, aber das ist dieses Jahr nicht möglich bzw. wurde unmöglich gemacht. Wir können darüber jammern – ich bin auch immer wieder versucht, das zu tun – oder wir können eine einmalige Gelegenheit am Schopf packen: tiefer in das Geheimnis von Weihnachten einzudringen als je zuvor. Gott hat Corona schließlich zugelassen, also muss das Ganze auch irgendetwas Gutes haben! Ich möchte Dir drei Dinge zeigen, die wir dieses Jahr neu entdecken oder innerlich vertiefen können:

  1. Wir wollen ehrlich sein: Gerade die besonders Frommen haben die anderen oft belächelt, die nur zu Weihnachten in die Kirche gehen. „Die tun das doch nur aus Tradition, nicht aus Überzeugung“, so der überhebliche Vorwurf. Abgesehen davon, dass es nicht schlecht ist, etwas aus Tradition zu machen, zwingt uns dieses Weihnachten mit einer unnachgiebigen Aufdringlichkeit, die Frage zu stellen: Inwieweit geht es denn uns um schöne Bräuche und inwieweit steht wirklich das Fest mit seinem Inhalt im Mittelpunkt? Traditionen sind etwas unglaublich Kostbares, sie sind wirklich ein Schatz – auch wenn in den letzten Jahrzehnten häufig etwas anderes gesagt wurde. Am wertvollsten sind Traditionen jedoch, wenn sie eine tiefgehende Botschaft zu vermitteln haben. Geht dieser Inhalt verloren, werden auch die schönsten Bräuche nach und nach immer bedeutungsloser.
  2. Spätestens jetzt ist der Werbeslogan „Weihnachten wird unterm Baum entschieden“ als endgültig widerlegt anzusehen. Dank des Versandhandels ist es auch dieses Jahr überhaupt kein Problem, an Weihnachtsgeschenke zu kommen. Gerade dieses Schicksalsjahr 2020 zeigt uns doch klarer als je zuvor, dass die Geschenke an Weihnachten zweit- oder drittrangig sind – es geht um mehr, viel mehr.
  3. Betrachten wir es nun aus einer Haltung des Glaubens heraus: Wenn wir im Weihnachtsgottesdienst Masken tragen müssen – sofern sie überhaupt stattfinden – und keine Weihnachtslieder singen dürfen, ist das übel. Wenn weniger Verwandte besucht werden können, ist das schmerzhaft. Wenn die Weihnachtsstimmung ruiniert ist aufgrund der nie enden wollenden medialen Horrorflut über die Pandemie, ist das bedrückend. Wenn… das und das und das – ja, das ist alles nicht so, wie wir es gerne hätten…
    Aber – und hier kommt die Perspektive des Glaubens ins Spiel – nimmt es irgendetwas von der Weihnachtsbotschaft weg? Was feiern wir Weihnachten eigentlich?
    Wir feiern das Herabsteigen Gottes auf die Erde, in unser menschliches Elend hinein. Der Unendliche hat sich für uns endlich gemacht und ist ein Kind geworden. Der Unnahbare ist für uns nahbar geworden und ist ein Mensch geworden mit allen Widrigkeiten und unschönen Seiten, die das Leben mit sich bringt. Besteht nicht die Weihnachtsbotschaft in der großen Nähe Gottes zu uns Menschen, gerade auch im Leid? Wir dürfen fest darauf vertrauen – gerade auch in dieser Zeit der Krise: Gott ist uns wirklich nahe. Im Jesuskind ist Gott Mensch geworden, um Dich zu erlösen, Dir Deine Sünden zu vergeben, die Versöhnung Gottes anzubieten, Dir ein neues Leben anzubieten. Dieses Geschenk der Erlösung ist aber nicht etwas Äußerliches: Sie äußert sich nicht darin, dass wir von jedem Leid verschont bleiben würden. Jesus hat auch viel gelitten: Er wurde praktisch unter der Brücke geboren und letztendlich bestialisch umgebracht. Etwas Oberflächliches kann damit demnach nicht gemeint sein: Erlösung geschieht tief in Dir, in Deinem Herzen, in Deinem Innersten.
    Entscheidend ist nicht das Krippenspiel, das am Heiligabend seinen Platz hat, viel weniger der Weihnachtsmarkt – entscheidend ist, dass Jesus in Deinem Herzen lebt, dass Er Dich immer mehr umformt nach Seinem Bild und Er Dir die Kraft gibt, Dein Kreuz zu tragen.

Mit dem achten Kapitel des Römerbriefes dürfen wir fragen: „Was kann uns scheiden von der Liebe Christi?“ Und die Antwort lautet: „Weder Tod noch Leben“, weder Corona-Pandemie noch Lockdown, „noch irgendeine andere Kreatur können uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn.“ (vgl. Röm 8,35-39). Es liegt an Dir, ob dieses Jahr in Deinem Herzen Weihnachten Wirklichkeit wird – Dein Ja kann dies bewirken! Nichts und niemand kann Weihnachten aufhalten!

Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den Menschen seiner Gnade!

(Autor: Willy Mauser, Kandidat für das Stift Heiligenkreuz,
Theologiestudent der Philosophisch-Theologischen Hochschule Benedikt XVI. Heiligenkreuz)

 

 

(Bild: Ben White, Unsplash)